19. Dezember 2010

Lehrbücher lesen

Studenten lesen vor allem Lehrbücher (engl. auch: Textbook, Coursebook). Was ist eigentlich ein Lehrbuch, und wie unterscheidet es sich von einem Fachbuch? Und vor allem: Wie liest und nutzt man es am besten?


Lehrbücher sind für die Lehre da, ist ja logisch. Sie werden von (Hochschul-) Lehrern geschrieben, oft auf der Basis von Überblicksvorlesungen, die die Autoren gehalten haben. Im Idealfall sind Lehrbücher auf die Anforderungen eines bestimmten Fachstudiums abgestimmt. Und: Sie werden von Professoren ausgesucht, oft als Pflichtlektüre, die einen Kurs begleiten soll und Grundlage für Klausuren und andere Prüfungen dient. Bibliotheken kaufen daher auf Vorschlag der Professoren größere Mengen stark nachgefragter Grundlagenliteratur für ihre Lehrbuchsammlungen.
 
Ob sie sich tatsächlich fürs Lernen gut sind, darüber haben Studenten sehr unterschiedliche Ansichten. Nicht jedes Buch, auf dem "Lehrbuch" draufsteht, ist auch wirklich für Lernende – vor allem Anfänger – geeignet.
  • Gerade im deutschsprachigen Bereich wird mit dem Etikett "Lehrbuch" eher lax umgegangen – jegliche Art von einführendem Text kann das Prädikat bekommen (meist in der Hoffnung einer hohen Auflage). Im englischsprachigen Textbook-Markt investieren Autoren und Verlage häufig deutlich mehr Mühe in Gestaltung, didaktische Aufbereitung und Service für die Lernenden – dafür sind solche Bücher auch meist viel teurer.

Zurück zur Ausgangsfrage: Lehrbücher sollen Fachbücher sein, die der Aus- und Weiterbildung dienen. Typisch ist, dass sie
  • für Anfänger verständlich sind, also in einer Sprache verfasst werden, die nicht allzu viel Vorwissen und Fachjargon verlangt (leider scheitern Lehrbuchautoren oft genau daran).
  • Fachvokabeln einführen, definieren und auf Sachverhalte und Theorien anwenden. Fachbegriffe werden weniger vorausgesetzt als bei Fachbüchern, die sich ausschließlich an Experten wenden. Oft gibt es zum Wiederholen oder Nachschlagen ein Glossar (am Ende von Kapiteln oder des Buches).
  • Informationen sehr konzentriert und kompakt aufbieten. Da wird nicht allzu viel hin- und hergewendet (im Sinne von Pro und Contra), sondern dargestellt. 
  • überdurchschnittliche viele Übersichtsgrafiken, Tabellen, Definitionsboxen, Merksätze, Schlagwörter und Randbemerkungen einbinden. Auch diese dienen der besseren Vermittlung.
  • die Kapitel als eine Art Lektion konzipieren. Da gibt es meist eine Einführung oder einen Kapitelüberblick (oft mit Lernzielen am Anfang) und am Ende Zusammenfassungen
  • "Navigationshilfen" zur Orientierung einsetzen: Im Vergleich zu anderen Fachbüchern finden sich mehr Überschriften und Zwischenüberschriften. Ein gutes Lehrbuch ist auf den ersten Blick gut organisiert.
  • Fragen zum Verständnis oder zum Zusammenfassen einzelner Konzepte und/oder Fragen zur Diskussion auflisten, oft am Ende eines Kapitels. Solche Fragen sind dafür gedacht, dass Studenten sie zum erneuten Durcharbeiten und als "Testfragen" zur Vorbereitung für Prüfungen benutzen (was Studenten leider selten tun, es sei denn, der Professor gibt das als Hausaufgabe auf).
  • auf weiterführende Literatur sowie auf externe Quellen verweisen, z.B. auch Weblinks.
Companion Websites: Begleitende Internetseiten zum Lehrbuch
Zu den neueren Trends deutscher Lehrbucherlage (in den USA ein ziemlich alter Trend) gehören Internetseiten oder ganze Lernportale ("companion websites"). Was findet man dort? 
  • ergänzende Literaturhinweise,
  • Linklisten,
  • Zusammenfassungen und PowerPoint-Folien, die nach Kapiteln gegliedert sind,
  • Multimedia (z.B. Videos und interaktive Grafiken)
  • Glossare,
  • Online-Tests zum Abprüfen des Lernerfolgs,
  • Aktualisierungen, Ergänzungen und Korrekturen zum Buch.
Also eine ganze Menge Mehrwert – wenn man es denn nutzt. Ein Beispiel sind die Angebote der UTB-Verlagsgruppe "UTB-Mehr-wissen", vor allem für die Reihe der Bachelor-Lehrbücher. (Dafür muss man sich anmelden, manchmal gibt es den Zugangsschlüssel nur mit Bucherwerb.)

Professoren weisen manchmal darauf hin, sie nutzen und integrieren das jedoch noch eher selten. Trotzdem nachschauen, ob der Verlag zusätzliche Materialien zur Verfügung stellt. Das gilt ganz besonders für englischsprachige Textbooks, da die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass es eine "Companion Website" gibt.

Tipps zum Lesen von Lehrbüchern
Auch wenn ein Lehrbuch gut verständlich und eingängig ist: Einmaliges Lesen führt selten dazu, dass man das Wissen vollständig aufnimmt. Man muss Lehrbücher "durchackern", positiv formuliert: sich das Wissen aktiv erarbeiten. Zum Beispiel durch:
  • Zusammenfassen wesentlicher Inhalte in eigenen Worten.
  • Herausschreiben wichtiger Fachbegriffe – lernen Sie diese wie Vokabeln einer Fremdsprache, z.B. mit einem Partner, der Sie abfragt. Gibt es eine Begleit-Seite im Internet, findet sich dort manchmal auch ein "Vokabeltrainer".
  • Durcharbeiten der Verständnis- und Diskussionsfragen am Kapitelende.
  • eingehender Beschäftigung mit Beispielen. Können Sie eigene Beispiele hinzufügen?
Besonders sinnvoll ist es, wenn Sie Fragen zu einem Kapitel herausschreiben und die Frage in der Lehrveranstaltung stellen. (Professoren mögen das.)

Ganz wichtig ist, dass Sie verstehen, wie Ihr Lehrbuch das Wissen organisiert. Studenten nehmen Inhaltsverzeichnis und die Erläuterungen für den Gebrauch (z.B. in Vorwort/Einführungen) oft nicht wirklich wahr. Es lohnt sich aber, hier genau hinzusehen:
  • Inhaltsverzeichnis: Wie ist es aufgebaut? Können Sie die Logik des Aufbaus erkennen?
  • Wenn Sie ein einzelnes Kapitel lesen, machen Sie sich ein Bild davon, wo es im Buchaufbau steht.
  • Achten Sie auf Erläuterungen zur Gliederung oder Symbole für Lernhilfen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen