Manche Studenten wissen schon mehrere Semester im voraus ganz genau, über welches Thema sie ihre Abschlussarbeit schreiben wollen. Für die meisten ist das eher ein schwieriges Unterfangen. Patentlösungen gibt es dafür natürlich nicht.
Mancher blättert erst einmal in alten Kursunterlagen. Ratgeberbücher zum wissenschaftlichen Arbeiten empfehlen gern Brainstorming, Mind-Mapping und diverse Kreativitätstechniken. Man kann aber auch Lektüre empfehlen, ein paar Stunden in der Bibliothek (auch in der Abteilung für Abschlussarbeiten) oder das Durchforsten von Internetportalen, auch von Anbietern von Abschlussarbeitensammlungen.
Wenn Sie schon eine Liste möglicher allgemeiner Themen haben, hier einige handfeste Tipps zur Entscheidung bzw. Erstellung einer "shortlist".
Interesse und Motivation: Das Thema sollte Sie so interessieren, dass Sie damit mehrere Monate ohne persönliche Quälerei verbringen können. Die Abschlussarbeit bringt oft schwierige Umstände mit sich, man arbeitet überwiegend allein, muss sich selbst motivieren und knifflige Probleme lösen. Dann hilft es sehr, wenn man das Thema wirklich mag und einen persönlichen Bezug dazu hat.
Zeitfaktor: Das Thema soll in der zur Verfügung stehenden Zeit sinnvoll, gründlich und solide zu bearbeiten sein. Dabei gibt es natürlich Unterschiede zwischen Bachelor- und Masterarbeiten. Das können Sie oft nicht selbst beurteilen, hier hilft nur Beratung durch den Betreuer.
Das Thema soll mit einer auch zeitlich passenden und den methodischen Fähigkeiten des Studenten entsprechenden Methode zu bearbeiten sein. So ist es ziemlich aussichtslos, eine quantitativ angelegte Befragung von 500 Personen sauber durchzuführen und auszuwerten, wenn man nur zwei Monate Zeit für eine BA-Thesis hat und noch nie eine längere Lehrveranstaltung zur empirischen Sozialforschung belegt hat. Mit Unterstützung des Betreuers kann man natürlich auch eine neue Methode anwenden, aber auch zum Kennenlernen der methodischen Finessen braucht man Zeit.
Sie sollten inhaltliche Vorkenntnisse mitbringen. Je weniger Sie über das Thema wissen, desto steiler ist die Lernkurve. Man kann sich vieles anlesen, aber die Einarbeitung kostet Zeit, und man kann sich dabei überfordern. Was ist, wenn Sie auf halbem Weg feststellen, dass Sie viel zu wenig Vorkenntnisse haben? Das frustriert möglicherweise.
Das Thema Ihrer Abschlussarbeit gibt Ihnen berufliches Profil auf dem Lebenslauf, bei einer Bewerbung macht es Sie für künftige Arbeitgeber interessant. Wenn Sie also ein klares Berufsziel vor Augen haben, sollte das Thema passen. Es sei denn, Sie entscheiden sich bewusst dafür, etwas völlig anderes zu bearbeiten – überlegen Sie sich das gut.
Studenten suchen meist nur "ein Thema". Professoren aber beharren darauf, dass Sie nicht nur ein "Thema" brauchen, sondern eine Fragestellung. Das Thema ist der weit gefasste inhaltliche Gegenstand, mit dem sich eine Studie befasst (mehr oder weniger konkret). Eine Fragestellung ist dagegen ein Problem, das besser verstanden oder gelöst werden muss: Die Frage, die Sie mit Ihrer Arbeit beantworten. Daraus ist ein Untersuchungsziel zu entwickeln: die wichtigste Absicht oder der Zweck: Was wollen Sie erreichen? Dann entstehen die Forschungsfragen (immer mehrere): Fragen, die man in der Studie beantworten will. Wobei Haupt- und Nebenfragen zu unterscheiden sind. Bei der "Operationalisierung" schließlich geht es um das Zerlegen in viele Detailfragen, die Sie Schritt für Schritt bearbeiten können.
Die größeren Schwierigkeiten macht nicht das Thema an sich, sondern dass, was darauf folgt: nämlich die Schritte vom Allgemeinen zum Spezifischen der Abschlussarbeit. Dabei werden Sie schnell merken, dass sich alles um die Eingrenzung des Themas (was bearbeite ich nicht?) dreht und das Konzept für die Untersuchung ("Forschungsdesign").
Ein Beispiel: Ein Student im Wildauer Studiengang "Verwaltung und Recht" möchte sich mit Personalveränderungen in unteren Verwaltungsbehörden Brandenburgs beschäftigen. Schönes Thema, er hat einen persönlichen Zugang dazu, es ist aber noch sehr allgemein. Was könnte die Fragestellung sein? Konkret entwickelt er: Das Problem des Führungskräftemangels als Ergebnis der Personalveränderungen in unteren Verwaltungsbehörden Brandenburgs. Sein Untersuchungsziel? Zu untersuchen, wie es zum Führungskräftemangel kommt und welche Möglichkeiten es im Personalmanagement gibt, das Problem zu begrenzen oder zu lösen. Jetzt beginnt er, einen Katalog möglicher Einzelfragen zu schreiben: u.a. wie zeigt sich der Führungskräftemangel? Wo? Wann? Unter welchen Bedingungen? Was ging ihm voraus, war er voraussehbar? Welche Folgen hat er? Wie kritisch sind die Folgen für das Funktionieren der Verwaltung? Wie wurde darauf reagiert? Welche Alternativen werden diskutiert?...
Er grenzt also erst einmal das inhaltliche Gebiet ein, dass er bearbeiten möchte. Er sucht nach einem konkreten Problem, einem Konflikt oder Dilemma – etwas, was eine Lösung benötigt. Dann versucht er das an Belegen aus der Literatur oder aus der Praxis festzumachen. Er stellt sich die Frage: Was wissen wir noch nicht darüber? Was fehlt in der Literatur? In der Praxis? Was sollten wir noch wissen? Und er überlegt sich, was das Ergebnis seiner Untersuchung bringen soll – und wem. Er hat nämlich eine recht konkrete Zielgruppe vor Augen, für die die Abschlussarbeit ein paar Erkenntnisse produzieren könnte. In diesem Fall den Personalverantwortlichen und Leitern der Behörden, die er untersuchen möchte.
Eine Abschlussarbeit wird auch Thesis genannt. Das ist eigentlich ein ganz guter Begriff. Eine "These" beschreibt nicht einfach das Thema oder eine Beobachtung, sondern präsentiert eine Vermutung, Behauptung, Prognose, Sichtweise, Meinung, Idee, Problemlösung, um die man streiten kann, die Argumente braucht und die verteidigt werden muss. Haben Sie eine "These"? Dann können Sie diese auch untersuchen.
So mancher hat diffuse Vorstellungen, welcher Themenbereich interessant wäre. Man muss aber die anderen Schritte auch gehen, in Gedanken durchspielen. Diskutieren Sie das im Gespräch mit dem Betreuer Ihrer Wahl!
Manche Studenten machen es sich einfach und wählen den Weg des (vermeintlich) geringsten Widerstands. Sie wählen ein "Standardthema" aus einem Lehrbuch oder aus einer Vorlesung. Die Wahl eines Themas für eine Abschlussarbeit ist aber sehr persönlich und bietet die Chance, ein Projekt für sich selbst zu wählen und sich beruflich Profil zu geben. Manchmal braucht man Mut, um ein unbekanntes Terrain zu erforschen. Wenn die Motivation stimmt, lassen sich die meisten Themen auch bearbeiten.
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