29. Mai 2012

Internetquellen richtig angeben

Wie ist eine Online-Quelle zu belegen, bei der kein Autor zu identifizieren ist? Dass die üblichen Zitieranleitungen bei Internetfragen manchmal konfus sind, treibt Studenten oft die Tränen in die Augen. Dabei ist es (eigentlich) gar nicht so schwer. So auch bei dieser Frage:

"Ich habe eine Quelle, die heißt www.danmarkshistorien.dk. Reicht es aus, wenn ich diesen URL-Name in Klammern hinter den Abschnitt setze? Sobald ich den Link abspeichere über Citavi [Literaturverwaltung], wird mir auch auf manchen Seiten angezeigt, wann die Internetseite zum letzten Mal bearbeitet wurde. Sollte ich dann besser schreiben (www.danmarkshistorien.dk, 2011) ? Autoren habe ich leider nie zur Stelle, weil es sich meist keine Zeitungsartikel sind. Bei verwendeter Literatur kommt der komplette URL-Name inklusive Datum und am Besten noch die Zeit, wann ich die Seite zum letzten Mal geprüft habe." (Anmerkung: Verwendet wird APA-Zitationsstil mit Im-Text-Kurzbeleg vorn und Langbeleg im Quellenverzeichnis hinten in der Arbeit.)

Grundsätzlich: URLs gehören niemals in den Kurzbeleg, sondern als Fundstelle hinten in den Langbeleg. Gefordert ist im Kurzbeleg also immer der Name des Autors, alternativ des Herausgebers oder des Mediums.

Nun scheint der Name der Website aber identisch mit der Domain-URL zu sein:


Danmarkshistorien.dk heißt die Website, also das Medium (das www ist verzichtbar, denn das ist kein spezifischer Namensbestandteil). Sie könnten diesen Namen des Mediums anstelle des Autoren-/Herausgebernamens verwenden. Das ist durchaus üblich, so wie Sie z.B. auch einen Zeitschriftentitel anstelle eines Autors verwenden könnten, wenn Sie bei einem Zeitschriftentext keinen Autor identifizieren können.

Wenn Sie allerdings die Seite hinunterscrollen, sehen Sie, wer tatsächlich der Herausgeber von Danmarkshistorien.dk ist: nämlich Aarhus Universitet (Institut for Historie og Områdestudier). Das ist also die Alternative. Steht diese Angabe nicht gleich auf der Hauptseite, findet man sie im Impressum.



Beachten Sie bitte, dass Danmarkshistorien.dk nur die Domain ist. Dahinter befinden sich Hunderte von Einzelseiten

Wahrscheinlich möchten Sie einen Artikel von einer dahinter liegenden Einzelseite zitieren. Im Langbeleg müssen Sie dann auch die präzise URL als Fundstelle angeben, damit der Leser den verwendeten Artikel auch direkt wiederfinden kann. Also z.B. für den Lexikonartikel "Christian 2's eftermæler i Sverige og Danmark" die URL http://danmarkshistorien.dk/leksikon-og-kilder/vis/materiale/christian-2s-eftermaeler-i-sverige-og-danmark/.


Bleibt noch die Frage nach dem Datum. Im besten Fall ist auf der Einzelseite angegeben, wann der Artikel erstellt bzw. zuletzt bearbeitet wurde. Beim o.g. Artikel über Christian II. findet sich diese Angabe rechts unten: "Sidst redigeret 09.05.2012" (deutsch: zuletzt geändert am 09.05.2012). Wenn sich eine solche Angabe nicht finden lässt, können Sie entweder zu "o.D." greifen, also "ohne Datum" (das ist die saubere Variante) oder, wenn Sie die Seite 2012 abrufen, auch "2012", davon ausgehend, dass sie ja 2012 so im Netz zu finden ist.


Webtext-Ausschnitt
Dort rechts unten steht übrigens auch der Verfasser des Artikels über Christian II, nämlich: "Forfatter(e) Martin Alm". Womit dann auch das Hauptproblem gelöst wäre. Schließlich findet sich hier auch, wer als Herausgeber genannt werden soll: "Udgiver danmarkshistorien.dk" (also nicht Aarhus Universitet).

Ergebnis: Wenn der Martin Alm als Autor (Kurzbeleg: Alm, 2012) nicht ersichtlich wäre, würden Sie nach APA im Fließtext belegen: 
"Blah, blah blah blah" (Danmarkshistorien.dk, 2012) 

Und im Langbeleg des Literaturverzeichnisses:
Danmarkshistorien.dk. (9. Mai 2012). Christian 2's eftermæler i Sverige og Danmark. Abgerufen am 29. Mai 2012 von Danmarkshistorien.dk: http://danmarkshistorien.dk/leksikon-og-kilder/vis/materiale/christian-2s-eftermaeler-i-sverige-og-danmark/



Je nach Literaturverwaltungsprogramm und gewünschter Konvention könnte der höheren Präzision halber auch eine Uhrzeit des Abrufs angegeben werden. Im Allgemeinen ist aber das Tagesdatum akzeptabel.


Im Kurzbeleg soll nur das Erscheinungsjahr auftauchen, keine Tages- und Monatsdaten. Wenn Sie mehr als einen Artikel aus Danmarkshistorien.dk zitieren, sortieren Sie die Artikel nach Datum und legen dann als Jahr fest: 2012a, 2012b, 2012c...

16. Mai 2012

Muss die "Fragestellung" eine Frage sein?

Zwei Studentinnen rätseln:
  • "wie die Fragestellung genau formuliert werden muss. Eher als eine Art Untertitel oder richtig als Frage?"
  • "ob die Fragestellung" wirklich als Frage formuliert sein muss oder ob es genügt, wenn man als Thema 'XXX' angibt?
Tja, ist eine Fragestellung eine Frage? Ja, konzeptionell schon. Ob man nun einen echten Frage-Satz mit Fragezeichen formuliert oder eher das zu erknobelnde Problem und die Lösungsziele skizziert, ist eher eine sprachliche Entscheidung. Gleichwohl sollten sich Autoren davor hüten, "Thema" und "Fragestellung" in einen Topf zu werfen.

Ein Thema  muss eingegrenzt werden, klar. Aber selbst wenn der Autorin das gut gelingt, hat sie immer noch unendliche Möglichkeiten, daraus Fragestellungen zu entwickeln.

In einem früheren Blogbeitrag(11.1.11) schrieb ich:
Studenten suchen meist nur "ein Thema". Professoren aber beharren darauf, dass Sie nicht nur ein "Thema" brauchen, sondern eine Fragestellung.
Das Thema ist der weit gefasste inhaltliche Gegenstand, mit dem sich eine Studie befasst (mehr oder weniger konkret). Eine Fragestellung ist dagegen ein Problem, das besser verstanden oder gelöst werden muss: Die Frage, die Sie mit Ihrer Arbeit beantworten. Daraus ist ein Untersuchungsziel zu entwickeln: die wichtigste Absicht oder der Zweck: Was wollen Sie erreichen? Dann entstehen die Forschungsfragen (immer mehrere): Fragen, die man in der Studie beantworten will. Wobei Haupt- und Nebenfragen zu unterscheiden sind. Bei der "Operationalisierung" schließlich geht es um das Zerlegen in viele Detailfragen, die Sie Schritt für Schritt bearbeiten können.
Je klarer sich die Autorin darüber ist, auf was sie eigentlich eine Antwort finden will, desto leichter wird auch die Bearbeitung. Wer nur ein "Thema" formuliert, neigt oft dazu, sich darum herum zu mogeln. Leider sind nicht alle Betreuer einer Arbeit in der Konzeptionsphase pingelig -- hinterher mosern sie aber trotzdem über Defizite bei der Fragestellung.

Der Titel der Arbeit hat übrigens mit der Fragestellung nicht unbedingt etwas zu tun. Im besten Fall lässt sich die Fragestellung aus dem Titel schon erkennen. Und manche Titel werden als Fragesatz formuliert. Eigentlich aber sind Fragestellungen deutlich zu komplex und differenziert, als dass sie sich in einen kurzen Titel quetschen ließen. Das geht also nur in Kurzform, wenn überhaupt. Die meisten Titel umreißen das Thema.

Die FH Nordwestschweiz schlägt vor, die Fragestellung nach einem Dreisatz zu entwickeln:
  1. Ich untersuche / arbeite an / forsche über … [THEMA]
  2. ...weil ich herausfinden möchte, wer / was / wann / wo / welche / warum / wie / ob … [FRAGE - ERKENNTNISINTERESSE]
  3. ...um zu zeigen, wie / warum / ob ... [FRAGE - ABSICHT]
(Beispiele hier)

Maier & Palme (WU Wien) schreiben, eine gute Fragestellung soll
  • eine klare Anleitung dafür geben, was zur Arbeit gehört und was nicht und
  • die Ableitung eines Arbeitsplanes erlauben.
Damit das gelingt, soll die Fragestellung...
  • "möglichst klare und präzise definierte Begriffe verwenden. Da Sie die Definition von Begriffen nicht in die Frage selbst packen können, beinhaltet eine gute Fragestellung neben der Formulierung der zu beantwortenden Frage auch noch eine Erläuterung und Präzisierung der wichtigsten darin verwendeten Begriffe. Stellen Sie sicher, dass Ihr Betreuer bzw. Ihre Betreuerin die von Ihnen formulierte Forschungsfrage genau so versteht wie Sie."
  • "keine offenen Enden oder vagen Formulierungen aufweisen. Hüten Sie sich vor Formulierungen wie 'alle damit verbundenen Auswirkungen', 'alle wichtigen Einflussfaktoren', etc. Was 'alle' sind, ist völlig unklar und jede(r) kann darunter etwas anderes verstehen. Versuchen Sie nicht, alles zu versprechen. Dieses Versprechen können Sie nicht einlösen. Sagen Sie möglichst genau, welche Einflussfaktoren und welche Auswirkungen Sie für wichtig erachten und in Ihrer Arbeit behandeln wollen."
  • "eine - nicht mehrere - Forschungsfragen aufwerfen. Natürlich kann man leicht zwei oder mehr Fragen in eine packen, wenn man sie mit 'und' verbindet. Beispielsweise: 'Wer wandert von Wien in das Wiener Umland, warum und wie wirkt sich diese Wanderung aus?' Diese Forschungsfrage stellt eigentlich drei Fragen, nämlich (1) wer wandert? (2) warum wird gewandert? und (3) wie wirkt sich diese Wanderung aus? Jede dieser Fragen erfordert eine andere Analysemethode und zum Teil auch andere theoretische Konzepte und Daten."



Ich hatte das mit den Forschungsfragen oben anders formuliert und meine, dass auch mehrere Forschungsfragen möglich sind -- unterscheide aber Hauptfrage und Nebenfragen. Ansonsten stimme ich den Kollegen aber zu.

Die Wiener führen weiter aus:
"Uns ist bisher noch keine Fragestellung unter gekommen, die zu eng gefasst gewesen wäre. Der Grund für diese Zweifel und etwaige damit verbundene Panik-Attacken liegt darin, dass Sie als Student bzw. Studentin typischerweise nicht wissen, wie umfangreich die wissenschaftliche Literatur und wie tiefgehend die Diskussion zu der von Ihnen gewählten Fragestellung schon ist. Das heißt nicht, dass genau diese Frage schon untersucht wurde, sondern vielmehr, dass zahlreiche Detailaspekte, auf die Sie bei der Bearbeitung dieser Frage stoßen werden, ausführlich diskutiert sind. Etwa: Die Frage, wie man Untersuchungsgebiete sinnvoll abgrenzt, wie verschiedene Konzepte miteinander in Verbindung stehen und sich auch unterscheiden, welche Probleme bei bestimmten Datenquellen auftreten, welche Vor- und Nachteile verschiedene mögliche Analysemethoden aufweisen, usw.

Sie sehen - hoffentlich -, dass auch in einer eng gefassten Fragestellung normalerweise genügend Material für Ihre wissenschaftliche Arbeit enthalten ist. Verfallen Sie also nicht in den Fehler, alles zu wollen oder zumindest alles zu versprechen."
Eng und präzise soll sie also sein, die Fragestellung. Das fällt nicht vom Himmel in den Schoß, sondern ist mühsam. "Ein Prozess der Präzisierung", sagen die Wiener Kollegen. "Natürlich schneiden Sie, je enger und präziser Sie eine Fragestellung formulieren, zahlreiche Aspekte - die ja auch irgendwie damit zusammen hängen - weg." Schwierig, ja. Das erfordert ein Ordnen, Sortieren, In-Beziehung-Setzen, Vergleichen, schließlich eine Rangfolge der interessantesten und bevorzugten Fragen, und dann eine Entscheidung.

Alles in allem: Wenn Sie eine echte Frage mit Fragezeichen stellen, also klar durch die W-Fragewörter "wer?", "was?", "wie?", "wo?", "wann?", "warum?" gekennzeichnet, ist es vermutlich für die notwendige Präzisierung am besten.

Und das muss dann auch in der Einleitung Ihrer Arbeit entsprechend differenziert erläutert werden. Dafür ist die Einleitung da.



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